Franz Xaver von Schönwerth

Der Nagelschmiedmeister Jakob Grader berichtet aus Neustadt

Neustadt/WN. Einer der größten Oberpfälzer dürfte mit Sicherheit der Amberger Franz Xaver von Schönwerth gewesen sein. Jakob Grimm (1785 – 1863, bedeutender deutscher Schriftsteller und Mythologe) schrieb über ihn: „Nirgendwo in ganz Deutschland ist umsichtiger, voller und mit so leisem Gespür gesammelt worden.“ In der Mitte des 19. Jahrhunderts sammelte er unermüdlich Geschichten, Sitten und Sagen aus der Oberpfalz. Da er diese nicht alle persönlich einholen konnte, musste er sich auch auf schriftliche Aussagen von Gewährsleuten verlassen. Einer davon ist der Neustädter Nagelschmiedmeister Jakob Grader (geb. 22.10.1826 in Wolfratshausen, gest. 3.12.1872 in Neustadt a.d. Waldnaab).
Schönwerth erstellte Fragebögen, um so näheres über die einzelnen Orte zu erfahren. Einen davon schickte er auch nach Neustadt. Am 13. März 1863 antwortete Jakob Grader folgendes (Antwortschreiben nachstehend nur in Auszügen, aber original, wiedergegeben):

„Hochedelgebohrner, Gnädiger Herr,
Sie wünschen Sitten, Gebräuche, Aberglauben und dergleichen zu erfahren. Hierin bin ich aber kein großer Freund. In der Christnacht und Neujahr wird um Mitternacht vom Kirchturm herunter geblasen. Was ich aber selbst gesehen und erfahren habe, will ich Ihnen mitteilen. Es mag schon etliche 20 Jahre sein, dass ich als Landwehrmann zur 12then Stunde in der Christnacht patrolieren musste, da sah ich bei hellem Mondschein eine Weibsperson die Straße kehren. In welcher Absicht sie es getan hat, weis ich nicht; es war trocken und hatte keinen Schnee.
An Quatembertagen borgen abergläubische Leute nichts aus dem Haus; wenn sie auch zur anderen Zeit alles willig hergeben, sie verkaufen auch an diesen Tagen keine Milch aus den Hause, einige geben und verkaufen vor Walpurgi keine Milch.
Hier ist gewöhnlich der Brauch, dass Hochzeiten am Dienstag gefeiert werden, wenn aber der Unschuldigenkindertag auf einen Dienstag fällt, so wird dasselbe Jahr keine Hochzeit am Dienstag gehalten. Somit Montag oder Mittwoch.
Bilmes-Schneider
Der Bilmes-Schneider ist ein Aberglaube unter dem Landvolke. Es hat aber seine natürliche Beschaffenheit damit. Verständliche Ökonomen wollen Beobachtungen gemacht haben, dass bei einem Donnerwetter öfters der Blitz durch die Fruchtfelder nach der längs und quere fährt, und somit die ganze Streuffe mitten durch, wie mit einer Sichel abgeschnitten sind. Hierüber sollte man das Volk besser aufklären.
Spinn und Rockenstuben sind hier, so wie überall gebräuchlich. Ein besonderes Sprichwort ist hier gang und gäbe; wenn man einen guten Freund oder Bekannten auf Besuch einladen will, so sagt man kurzweg: Komm Hutzen!
Noch etwas zur Charwoche
Die drei Tage in der Charwoche Mittwoch, Donnerstag und Charfreytag, wo die gewöhnlich sogenannten Pumper-Metten gehalten werden, Abend 4 Uhr. Während dem Gottesdienst sammeln sich die Buben, jeder mit einer Räthschen oder Klipper-Klepper, und wird inzwischen viel Unfug getrieben. Und wenn die Mette zu Ende geht, dann machen sie einen skantalen höllischen Lärm mit ihren Instrumenten, dass es mich oft wundert, dass dieses so von der Geistlichkeit geduldet wird. Aber seit zwei Jahren ist es jetzt abgeschafft.

Hochedelgebohrener, Gnädigster Herr!

Verzeihen Sie meine Weitläufigkeit und entschuldigen Sie meine Unbeholfenheit in den Schreibfehlern, denn ich verstehe es nicht beßer. Ich bitte! Laßen Sie mich und meiner Tochter Rosina Ihrer Gewogenheit anempfohlen sein, und wachen Sie über ihr sittliches Betragen, dann kann ich ruhig leben und sterben: Ich verharre in tiefster Ehrfurcht

Euer Hochedelgebohrener
Gehorsam ergebenster
Jakob Grader
Nagelschmied-Mr.“

 

Des Teufels Butterfass - Volkssage

In seinem Brief vom 13. März 1863 teilte der Neustädter Nagelschmied Jakob Grader dem Oberpfälzer Forscher Franz Xaver von Schönwerth auch die nachfolgende Sage mit (im Original wiedergegeben):

„Eine kleine Stunde von hier, in Richtung Floß, liegt in einer engen Waldschlucht ein finsteres Gehölz. Wegen des tosenden Wassers, welches durch die Steinblöcke hinab stürzt, der Tost genannt. Es ist eine schauerlich-wild-romantische Wildnis. Es liegen Steinblöcke übereinander, dass man nicht anders durchkommen kann, als von einem Stein zum anderen zu springen. Eine solche Steinplatte liegt flach über den anderen, es kann etliche 20 Fuß im Durchmesser haben, es können sich leicht 30 Mann darunter verbergen, ich habe sie schon 2 mal gesehen, weil unsere Landwehrkompanie öfter Streifzüge dahin machen musste; einige Kameraden sind hineingekrochen und haben sich überzeugt davon. Nicht weit davon ist des Teufels Butterfass in einen Stein ausgehöhlt, nebst einer Schüssel, worauf eine Rühre Butter liegt, auch von Stein.

Wegen des Teufels Butterfass gehen verschiedene Sagen, aber ich kann auf keinen rechten Grund kommen, einige wollen es auf die Zeit der Verbreitung des Christentums zurückführen; und einige behaupten, dass es vor etwa hundert Jahren geschehen sein soll, dass der Teufel in Gestalt eines Jägers mit einer Magd von Dingoldsreut zu tun gehabt hätte, welche alle Tage in der Nähe des Wäldchens Gras geholt hätte. Und der Teufel hätte alle Tage auf offenem Felde die Kühe gemolken, nur dem Hirten die seinigen nicht, weil dieser seinen Kühen etwas geweihtes gegeben habe, und davon Butter gemacht.“

 

   
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