Die ehemalige fürstliche Weinschenke

 

Die ehemals fürstliche Weinschenke

- Lutherische Kapelle der Fürstin Augusta Sophie -

 Im Ensemble des Neustädter Stadtplatzes nehmen die beiden Lobkowitz-Schlösser eine herausragende Stellung ein. Unmittelbar rechts vom Alten Schloß befindet sich das im Neustädter Volksmund als "Hankl-Haus" bezeichnete Anwesen. Diesen Namen hat das Haus im Jahre 1896 erhalten, als die Kaufmannswitwe Katharina Hankl es erwarb.
Über viele Jahre hinweg musste dieses Gebäude als nicht gerade sehenswert gelten. 1987 jedoch erwarb es der Landkreis Neustadt, um darin zusätzliche Büroräume zu schaffen. Mit einem Aufwand von etwa fünf Millionen Mark wurde es von Grund auf saniert und mit viel Liebe zum Detail restauriert.
Ehemals stand auf diesem Platz ein Haus, in dem die Stadtknechte wohnten. "Im Jahre 1547 vertauschte der damalige Inhaber der Herrschaft Neustadt, Georg Freiherr zu Heydeck, sein Haus mit Wiese und Zubehör, im Winkel an der Mauer zwischen des Hans Ebner, Sägschmid, und des Bernhart Schmucker, Magister und Pfarrer zu Floß, Häusern gelegen, worin eine zeitlang die Richter ihre Wohnung gehabt, am Bürgermeister und Rat zu Neustadt und das Haus, in welchen die Stadtknechte hausen, welches bisher der Stadt gehörte" (Urkunde Nr. 46 im Stadtarchiv von Neustadt).
Georg von Heydeck wollte also bereits damals dieses Gebäude für eine eventuelle Vergrößerung seines Schlosses nutzen. Was jedoch dann damit geschah, kann nicht mehr nachvollzogen werden.
Bei der Gebäudesanierung wurde jedoch eines deutlich: Die Grundmauern des Gebäudes stammen aus dem 15. Jahrhundert. Darauf errichtete der damalige Besitzer in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einen dreigeschossigen Giebelbau.
Erst 1665 wird es wieder in den Aufzeichnungen erwähnt. Herrscher von Sternstein-Neustadt war damals Wenzel Eusebius von Lobkowitz. Er hatte 1653 die Prinzessin Augusta Sophie von Sulzbach geheiratet. Gemeinsam bewohnte man das Alte Schloß, in dem gleichzeitig  noch die Kanzlei, Wache und die Bierschenke untergebracht waren.
Die Fürstin Augusta Sophie war die eigentliche Herrscherin von Neustadt, da ihr Gatte als Stellvertreter des Kaisers sehr oft am Hofe in Wien weilte.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass die Fürstin im Gegensatz zu ihrem Mann evangelisch war und auch blieb. Selbst Jesuiten, die eigens nach Neustadt geschickt wurden, konnten sie von ihrem Glauben nicht abbringen.
Genaue Aufzeichnungen, warum nun neben den vorhandenen Räumen im Alten Schloß noch zusätzliche Räume benötigt wurden, liegen nicht vor. Tatsache ist aber, dass für die Fürstin Augusta Sophie im 2. Stock des neuen Gebäudes ein eigener Betsaal eingerichtet werden sollte. Daran erinnern auch die deutlich erkennbaren hohen Fenster. Ob die Fürstin diesen, ihren eigenen Betsaal, aber tatsächlich auch nutzte kann nicht nachgewiesen werden.
Nachdem Fürst Wenzel Eusebius 1677 starb, verzog die Fürstin kurze Zeit später nach Nürnberg. Die Nachkommen zogen sich auf ihre böhmischen Besitzungen zurück und das Haus wurde mit Wohnungen für fürstliche Beamte und Kanzleien belegt.
Erst 1785 wurde es wieder lebhafter. Die fürstliche Bierschenke wurde vom Mittelbau des Alten Schlosses in das Erdgeschoss des "Hankl-Haus" verlegt und im wesentlichen zu einer Weinschenke umfunktioniert. Dabei erstreckte sich die Weinschänke auf den ganzen Raum im Erdgeschoss.
Natürlich gab es in der fürstlichen Herrschaft Sternstein-Neustadt nur böhmischen Wein. Aus den vorliegenden Unterlagen kann man entnehmen, dass ein großer Teil des Weines aus den Weinbergen der Fürsten Lobkowitz in Raudnitz nach Neustadt transportiert und hier ausgeschenkt wurde. Aus noch vorliegenden Rechnungen des Jahres 1797 und 1798 der Raudnitzer Schloßkellerei kann man entnehmen, dass der Oberpfälzer Absatzmarkt eine große Bedeutung hatte. So wurden in diesen beiden Jahren 297 und ¾ Eimer, immerhin ein Fünftel der jährlichen Gesamtproduktion der Raunditzer Weinproduktion, in die gefürstete Grafschaft Sternstein – Neustadt geliefert.
Mit dem Verkauf der Herrschaft 1807 an das Königreich Bayern ging auch das Gebäude in dessen Besitz über. Kurz darauf wurde es an einen Privatmann verkauft, der das Alte Schloß und das Hankl-Haus als zwei Besitze teilte und weiterveräußerte.

 

Fürstin Augusta Sophie

Bei Augusta Sophie von Lobkowitz, geborene von Sulzbach, handelt es sich um eine nicht nur für Neustadt bemerkenswerte Frau. Sie wurde am 22. November 1624, also mitten in den Wirren des 30jährigen Krieges geboren. Ihr Vater, August, Pfalzgraf von Sulzbach und bei Rhein, starb schon acht Jahre später, im Jahr 1632.
Nach dem Tod ihres Vaters kam die junge Fürstin zur Erziehung nach Schweden an den königlichen Hof zu ihrer Großtante, der Königin Hedwig Eleonore, der Witwe Gustav Adolfs.
Schon während ihres Aufenthalts in Schweden wurde Fürst Wenzel Eusebius von Lobkowitz, dessen 1. Ehefrau jung verstarb, auf Augusta Sophie aufmerksam.
Bereits bei den Verhandlungen über den Heiratsvertrag verlangte ihr Bruder, daß seine Schwester bei der evangelischen Religion bleiben dürfe. Das "fürstliche Fräulein" reiste im Februar 1652 ab und kam erst am 23. Juni 1652 in Sulzbach an.
Fürst Lobkowitz kam im Januar 1653 nach Nürnberg. Dort wurden am 3. Februar 1653 die Eheverträge unterzeichnet und am 6. Februar 1653 war die Vermählung. Nach einigen Tagen reisten beide nach Neustadt an der Waldnaab, dem Schloß und Gut der Familie Lobkowitz.
Die Fürstin verbrachte in Neustadt die restliche Zeit ihres Lebens. Ihr Mann, der  regierende Fürst, weilte die meiste Zeit am Hofe des Kaisers in Wien und kam nur selten nach Neustadt. Die Heirat der deutschen Prinzessin aus dem alten streng protestantischen Geschlechte mit einem Fürsten, der erst vor Kurzem in den Fürstenstand des Reiches eingeführt war, die Verbindung mit einer Familie, deren Eifer für die katholische Religion bekannt war, verursachte allgemeines Aufsehen.
Wenzel Eusebius von Lobkowitz wollte seine Frau dem katholischen Glauben näher bringen, fügte sich aber bald  ihrer Überzeugung . Augusta Sophie stellte in  ihrer Dienerschaft nur Katholiken an und legte der Geistlichkeit in Neustadt kein Hindernis in den Weg. In seinen Briefen an Geistliche sprach er wohl die Hoffnung aus, seine Frau noch belehrt zu sehen: "der Himmel werde ihm diesen Trost unverhofft zusenden"; aber in den Briefen an seine Gemahlin ist nicht die leiseste Andeutung, dass er sie zum Übertritt drängte oder diesen auch nur wünsche. Eine fremde Einmischung, ein Drängen der Geistlichen wies er ab.
Die Fürstin war auch nicht zu bewegen nach Wien zu gehen und sich am kaiserlichen Hofe vorstellen zu lassen. Durch ihre Religion war sie von Jugend auf wie alle Glieder der deutschen protestantischen Fürstenfamilien dem hause Habsburg fremd, abgeneigt; zudem fühlte sie sich als deutsche Fürstin ganz und gar ebenbürtig und wollte nicht als Frau eines Vasallen im Gefolge gehen.
Im Schloß zu Neustadt hat sie ihre Kinder geboren und in Zucht und Frömmigkeit katholisch erzogen. Dort war ihre Heimat, ihr Frieden. Am 9.9.1673, ein Jahr vor seiner Entlassung aus kaiserlichen Diensten, übergab Wenzel Eusebius offiziell die Regierung des Fürstentums Neustadt an Augusta Sophie. Auch nach dem Tod von Wenzel Eusebius, als ihr ältester Sohn Ferdinand August Leopold automatisch neuer Regent wurde, zog sie es vor, in Neustadt zu bleiben. Erst 1679 veränderte sie ihren Wohnsitz und zog nach Nürnberg, wo sie am 30. April 1682 verstarb.

   
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